Die ÖGEAK
Onkologisches Netzwerk
Vereinsaktivitäten
   Projekt Datenerhebung
Mitglied werden
Produkte und Anbieter
Impressum



Patientenbedürfnisse zur onkologischen Therapie - Ergebnisse einer österreichweiten Befragung
Die medizinische Versorgung onkologischer Patienten findet in Österreich fast ausschließlich durch die Krankenhäuser statt.

Eine fachärztliche Versorgungsstruktur im niedergelassenen Bereich, wie sie in verschiedenen anderen Staaten etabliert ist, beispielsweise in unseren Nachbarländern BRD und Schweiz, findet sich in Österreich praktisch nicht. Während in den genannten Nachbarländern heute bereits 40-50% der onkologischen Patienten vorwiegend in onkologischen Schwerpunktpraxen behandelt werden, ist diese Betreuungsform in Österreich nach wie vor eine Rarität.

Der Grund dafür liegt in erster Linie in der völlig insuffizienten Finanzierung Onkologie- spezifischer Leistungen sowie im Fehlen von Kassenverträgen für Hämato- Onkologen.

Die Honorarordnung der Krankenkassen beruht größtenteils auf Fallpauschalen, die für die Kostendeckung bei einem durchschnittlichen Patientengut berechnet sind.

So wird etwa die einmalige Behandlung einer Rhinitis mit der gleichen Quartalspauschale honoriert wie die kontinuierliche Betreuung eines Krebspatienten.

Auch finden sich keinerlei Onkologie- spezifische Verrechnungs- Positionen, wie beispielsweise für zytostatische Therapien oder die hämatologische Diagnostik.

Die internistisch-onkologische Versorgung erfolgt in Österreich zur Zeit durch 21 hämato-onkologische Abteilungen und zum Großteil durch periphere Krankenhausabteilungen ohne onkologische Spezialisierung. Ein Teil von ihnen wird, im Schnitt einmal wöchentlich, von onkologischen Konsiliarärzten eines Zentrumspitals betreut, wobei ein Onkologe meist mehrere Spitäler mit betreut.

In den meisten Regionen abseits der Großstädte gibt es keine Krebsspezialisten vor Ort. Die Schaffung von onkologischen Schwerpunktpraxen nach dem Modell unserer Nachbarländer BRD und Schweiz könnte diese Versorgungslücken schließen.

Im Zeitraum September 2000 bis Februar 2001 wurde von der Agentur NMC im Auftrag der Gesellschaft für ambulante Krebstherapie (ÖGEAK) eine Patientenbefragung durchgeführt.

Hauptziel dieser Erhebung war es, den Wunsch der Patienten nach einer Betreuung durch niedergelassene Onkologen zu dokumentieren und die Akzeptanz einer ambulanten Krebsbehandlung in der Praxis zu evaluieren. Weiters sollten Informationen darüber erhalten werden, was Patienten in Bezug auf ihre Behandlung für besonders wichtig erachten.

Patientencharakteristik

  • Von den insgesamt 258 Fragebögen, die der Untersuchung zugrunde liegen, sind 82% weibliche und 18% männliche Beantworter.
  • Die überwiegende Anzahl hat Ihren Wohnsitz in Niederösterreich (41%) und Wien (14%)
  • Die überwiegende Mehrheit (65 %) ist zwischen 51 und 70 Jahren.
  • Bei den meisten wurde die Diagnose in den Jahren 1996 bis 2000 gestellt.
  • Von den Befragten sind 55,5 % zum Zeitpunkt der Befragung in Behandlung (38,7% nicht in Behandlung).
  • 56,6% wurden innerhalb der letzten 6 Monate behandelt.

Die Frage nach der Behandlungsart:
  • 65% wurden operiert,
  • 24% erhielten eine Chemotherapie,
  • 21% erhielten eine Chemo- und eine Strahlentherapie,
  • 20% nur eine Strahlentherapie und
  • 19% weder Strahlen- noch Chemotherapie.
71% der Befragten haben Brustkrebs. Die hohe Anzahl ist daher herzuleiten, da die Frauenselbsthilfe nach Krebs in Österreich sehr gut organisiert ist und die Fragebögen optimal an Ihre Patienten in ganz Österreich weitergeleitet wurden. Die zweit größte Gruppe sind Patienten mit Prostatakrebs (11%).
Bei der überwiegenden Mehrheit sind keine Metastasen vorliegend (59%).
Die Chemotherapie wurde zu 96% im Krankenhaus verabreicht. Die Behandlungen wurden vorwiegend an onkologischen (40%) und chirurgischen (35%) Abteilungen durchgeführt.
Zusätzlich wurde in 25 Fällen der niedergelassene Facharzt in Anspruch (hier wurden auch Nachbehandlungen miteinbezogen) genommen.

Ergebnisse
Folgende Faktoren wurden von den Patienten in bezug auf die Behandlung als "sehr wichtig" bezeichnet
1. persönliche Betreuung* durch einen Krebsspezialisten (66,7%)
2. persönliche Betreuung* durch den Hausarzt (42,2%)
3. wohnortnahe Betreuung (40,7%)
4. geringer Einschnitt in den persönlichen Freiraum (38,0%)
5. kompetente psychologische Betreuung (34,9%)
6. komplementäre bzw. alternative Therapien (27,9%)
7. Möglichkeit zur Teilnahme an klinischen Studien (12,4%)
* "persönliche Betreuung" wurde wie folgt definiert: Arzt im Bedarf stets vor Ort verfügbar, genügend Zeit für die
Anliegen des Patienten
Sehr eindeutig ist das Ergebnis bei der Frage nach Onkologen, die auch im niedergelassenen Bereich auf Krankenschein zu Verfügung stehen sollen. Nahezu 70% der Befragten antworteten mit "ja, unbedingt", weitere 16% mit "ja, vielleicht". Nur 1,9 % wünschen eine solche Möglichkeit "eher nicht".
Die Möglichkeit eine Chemotherapie in einer Ordination verabreicht zu bekommen, würden 39,1 % sofort wahrnehmen, weitere 23,3% sind diesbezüglich positiv eingestellt.
Die angenehmste Betreuungsform wäre für die meisten Befragten (mit 50,8%) die onkologische Schwerpunktpraxis, 37% würden sich für das Spital entscheiden (davon 19% stationär und 18% ambulant). Keine Angabe zu dieser Frage machten 12% der Befragten.

Schlußfolgerungen
Obwohl die meisten Patienten bislang noch nie etwas von einer ambulanten Therapie durch niedergelassene Onkologen gehört haben, scheint der Wunsch nach solchen Möglichkeiten auch in Österreich sehr groß zu sein.
Gerade die von Patienten so massiv geforderte persönliche Betreuung durch den behandelnden Krebsspezialisten erscheint bei der derzeitigen Versorgungsstruktur (Ausschließliche Versorgung durch Spitäler) kaum realisierbar.
Die Etablierung niedergelassener Onkologen, welche mit onkologischen Zentren eng kooperieren, sollte somit auch in Österreich ermöglicht werden.
Voraussetzung dafür ist die Schaffung zusätzlicher Kassenplanstellen für Hämato-Onkologen sowie eine dem erhöhten Aufwand entsprechende Honorierung onkologischer Leistungen.
copyright 2k8 by ÖGEAK   Seite drucken an den Seitenanfang